Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain: Der große Kohlenhydratempfehlungsrundschlag

Text & Zeichnungen von Dr. Martina Ollesch

Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain:

Thema: Was Sie schon immer über Kohlenhydrate wissen wollten – 

Der große Kohlenhydratempfehlungsrundschlag

Zu keinem anderen Makronährstoff gibt es so viele unterschiedliche Empfehlungen und unwissenschaftliche Ratschläge wie zu Kohlenhydraten. Von den alleinseeligmachenden Energielieferanten bis hin zur todbringenden Zuckerverführung reicht der Aberglauben (heute genannt Bro-Science). Wie würde der gebildete Ernährungsexperte auf diesbezügliche Fragen antworten:  „Das kommt darauf an, ob…“ Und genau diese „ob“ schauen wir uns jetzt ganz genau an.

Grundlagen

Der Ausgangsstoff aller Zucker ist die Glukose, der Traubenzucker, der von den Pflanzen sozusagen aus Luft und Liebe gebildet werden kann. Genauer aus CO2 und Wasser. Neben Glukose entsteht auch noch Sauerstoff. Das ist die Grundlage des Lebens auf der Erde, so auch des Menschen.  Aus dieser Glukose werden jetzt alle weiteren Kohlenhydratstrukturen umgeformt und/oder gebildet.

Man unterscheidet nach Anzahl der Kohlenhydratbausteine

Einfachzucker, Monosaccharide: bestehen nur aus 1 Baustein. Glukose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker), Galaktose (Schleimzucker) und viele mehr.

Zweifachzucker, Disaccharide:  2 Bausteine chemisch miteinander verbunden.  Glukose-Fruktose (Saccharose „Zucker“ , Haushaltszucker), Glukose-Glukose (Maltose, Malzzucker), Glukose-Galaktose (Laktose-Milchzucker).

Merke:

Haushaltszucker Saccharose ist kein Einfach- sondern ein Zweifachzucker.

Mehrfachzucker, Oligosaccharide:  Mehrere Bausteine.  Maltodextrin aus 9-12 Glukosebausteinen oder komplexe Verbindungen exotischer Zuckermoleküle als Oligosaccharide in der Muttermilch.

Vielfachzucker, Polysaccharide: aus vielen Bausteinen.  Stärke aus sehr sehr vielen Glukosebausteinen.  Cellulose aus sehr sehr vielen Glukosebausteinen, aber derartig verknüpft, dass der menschliche Darm sie nicht aufspalten kann (daher Ballaststoff), Inulin aus vielen Fruktosebausteinen, kann ebenfalls vom menschlichen Darm nicht aufgespalten werden, hat aber große gesundheitliche Bedeutung (siehe hinten).

Bei der Stärke unterscheidet man noch, ob die Glukosebausteine nur einfach hintereinander wie in einer Kette aufgefädelt sind: Amylose. Oder ob die Glukosebausteinkette auch noch Verzweigungen bildet und dann aussieht wie ein Bäumchen: Amylopektin.  Stärke ist ein Speicherkohlenhydrat von Pflanzen, das tierische/menschlichen Pendant ist das Glykogen. Man nennt sie auch komplexe Kohlenhydrate.

Mythos 1: Einfachzucker erhöhen den Blutzucker schnell, komplexe KH erhöhen den Blutzucker langsam. Fruktose ist ein Einfachzucker, der den Blutzuckerspiegel nur ganz langsam ansteigen lässt. Amylopektin (die stark verzweigte Stärke) ist ein komplexes KH, das den Blutzucker in schwindelerregende Höhen schießen lässt (Reiswaffeln pur gegessen). Das verstehen wir, wenn wir den GI auseinander genommen haben.

Abb 1 Amylose Amylopektin
Die Amylose ist eine Kette aus Glukosebausteine, bei deren Abbau das Enzym nur von einer Seite aus abknabbern kann.
Das Amylopektin ist ein stark verzweigter Baum aus Glukosebausteinen, bei der Enyzme an ganz vielen Stellen gleichzeitig Glukose freisetzen können. Pro Spaltungsschritt werden so mehrere Tausend Glukosen frei, die sofort ins Blut gelangen. Hoher GI.
Der Amylopektinverzweigungsgrad verschiedener Reissorten bestimmt z.B. deren unterschiedlichen GI

 

Der GI ist was für Anfänger

Da der Mensch alles in Schubladen packen will um Ordnung zu haben, müssen auch die KH in gut und schlecht einsortiert werden. Dafür muss der GI oder Glykämische Index herhalten. Der GI sagt aus, wie schnell und wie heftig ein Kohlenhydratlebensmittel nach dem Verzehr den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt.  Je schneller/steiler dieser ansteigt, desto stärker fällt die Insulinfreisetzung aus. Und je mehr Insulin freigesetzt wird, desto schlagartiger stürzt der Blutzuckerspiegel wieder ab (weil die Glukose in die Zellen verschwindet).  Bei Menschen mit Übergewicht und/oder Diabetes wird empfohlen, solche starken Blutzuckerschwankungen zu vermeiden, da sie Heißhungerattacken auslösen können, bzw. unnötig viel Insulin erfordern. So weit so gut. ABER wovon hängt denn der GI ab: von 2 Dingen, einmal der Magenentleerungsgeschwindigkeit d.h. wie schnell kann das verzehrte Lebensmittel den Magen passieren und im Dünndarm auftauchen und dann zweitens, wie schnell kann es im Dünndarm in die Einzelzucker aufgespalten werden.

Beispiele:

Cola oder Fruchtsaft in nicht allzu großer Menge: voll mit Saccharose (Zweifachzucker). Magenverweildauer kurz weil Flüssigkeit (genauer später) und Spaltbarkeit der Saccharose im Darm sehr gut. Glukose kommt schnell ins Blut. Relativ hoher GI.

Weißbrot pur: Magenverweildauer kurz, Spaltbarkeit der Stärke (Amylopektin) sehr hoch, Blutzuckeranstieg schnell.

Vollkornbrot:  Die Stärke darin ist das gleiche Amylopektin wie im Weißbrot, wäre also sehr schnell spaltbar. Doch jetzt ist die Stärke versteckt in den Ballaststoffen des vollen Korns. Dadurch verzögert sich schon einmal die Magenentleerung und dann kommen die Enzyme zur Spaltung nicht so gut an die Stärke- Folge, es geht alles etwas langsamer. Blutzuckeranstieg flach. Was als gesundheitlich günstiger angesehen wird.

Doch jetzt die Realität: Weißbrot oder Reiswaffel (für die das Gleiche gilt) wird belegt mit Kräuterquark/Putenschinken und Blattsalat, Gurke, Tomate. Jetzt wird schon durch das Protein die Magenentleerung verzögert und die Ballaststoffe aus den Gemüsen ersetzen die aus dem Vollkorn, der GI sinkt genauso ab! Kann also genauso problemlos gegessen werden. Was die Blutzuckerentwicklung angeht (von Unterschieden in Vitaminen, Mineralien usw. abgesehen).

Negativbeispiel. Das Weißbrot/die Reiswaffel wird mit dick Nutella beschmiert. Das Fett verzögert die Magenentleerung deutlich, die Stärke kommt gaaaaaanz zeitversetzt in den Dünndarm, wo sie sofort gespalten werden kann. Der Blutzucker steigt langsam an. Niedriger GI. Gesundheitlicher Wert: fraglich!

 

Wieviel Kohlenhydrate braucht der „Mensch“ und wieviel brauch dann ich? Kohlenhydratmenge bestimmen nach Physiologie statt nach Ideologie

Theoretisch sind KH nicht essentiell, sie können vom Körper aus Aminosäuren in einem Prozess der Glukoseneubildung heißt umgewandelt werden. Das ist sehr energieverbrauchend und natürlich pure Verschwendung, wenn man aus einem kostbaren Baustoff einen billigen Heizstoff machen muss, den es ohne Problem in Massen vor der Tür gäbe. Nur weil einem jemand Angst vor den KH gemacht hat.

Ich bin low-carb-Fan! Ach ja? Was ist das überhaupt? Und hast du das mit deinem Körper abgesprochen?

Es gibt im Körper Zellen und Organe wie z.B. Gehirn, die roten Blutkörperchen, Nebennierenzellen und weitere, die mit nichts anderem arbeiten können als mit Glukose. (Im Folgen fasse ich die einfach mit „das Gehirn“ alle zusammen). Das sind so ca. 150 g pro Tag. Dafür muss man die KH entweder mit der Nahrung zuführen, oder sie werden wie erwähnt aus Aminosäuren umgebaut. Es gibt noch 2 weitere Quellen für die Glukoseneubildung: Laktat/Milchsäure und Glycerin, ein Alkohol der Bestandteil der Depotfette ist.

Ketose: Selbst in der Ketose ist das Gehirn noch auf KH angewiesen. Deckt es in normaler Stoffwechsellage 100% seines Energiebedarfs aus KH, so sind es in der Ketose immer noch 25%. Der Rest kommt aus Ketonkörpern. Und NEIN, aus Ketonkörpern kann man KEINE Glukose herstellen!!! (Anmerkung für die Schlaumeier aus den Kommentaren zu meinem YouTube Video mit Matthias Botthof)!

Also diese 150 g sollte man sich auf jeden Fall schon mal gönnen. Und dann kommt noch die KH Menge dazu, die man täglich für intensive Belastungen verbraucht (unwissenschaftlich: Belastungen, die so hoch sind, dass man sich nicht mehr gut dabei unterhalten kann), denn die werden aus der KH-Verbrennung bestritten. Gehende, stehende oder sitzende Tätigkeiten erfordern keine zusätzliche Kohlenhydratzufuhr weil sie aufgrund der niedrigen Intensität aus der Fettverbrennung versorgt werden können. Wer also einen Bürojob hat und keine Gartenarbeit oder Sport in seiner Freizeit macht, der verbraucht nur unwesentlich mehr KH als sein Gehirn bedarf.

Beachte: die Glykogenspeicher der Leber, so circa 120 g, dienen der Blutzuckerstabilisierung, falls über den Tag keine KH zugeführt werden (wenn dieser Leberspeicher gefüllt war). Die Glykogenspeicher der Muskulatur dagegen, können nicht ins Blut abgegeben werden. Jeder Muskel verbraucht seine eigenen Glykogenspeicher ausschließlich für sich selbst. D.h. im Umkehrschluss, wenn ich meinen kompletten Glykogenspeicher entleeren möchte, muss ich ein Ganzkörpertraining machen. Umgekehrt verhält es sich aber mit der Leistungsfähigkeit. Sind die Glykogenspeicher der Muskeln nicht annähernd aufgefüllt, kann der Sportler keine optimale Leistung erbringen. Das ist wichtig bei Ausdauersportarten, Triathlon, Kampfsportarten (besonders nach „Gewichtmachen“), Spielsportarten usw. Und natürlich für das Aussehen im Bodybuilding/Fitness-Wettkampfsport. Nur volle Glykogenspeicher lassen den athletischen Körper rund und plastisch erscheinen. Als Sportler sollte man also immer auf eine ausreichende KH-Zufuhr achten. Hier empfiehlt sich eine professionelle Beratung.

Beachte: 1 g Glykogen bindet 3  g Wasser. Wenn man in eine kalorienreduzierte Diät startet, braucht der Körper zuerst seine Glykogenspeicher auf.  150 g in der Leber und 450 g in den Muskeln bei leichten Personen. Das sind 600 g Zucker plus 1800 g Wasser also knapp 2,5 kg Gewicht die schwupps verschwunden sind. Noch kein Gramm davon war Fett.

Wenn man jedoch dauerhaft mehr KH zuführt als man durch intensive Belastungen an KH aus den Glykogenspeichern entleert, dann gibt es eine Vielzahl von Problemen. Das betrifft in erster Linie inaktive Menschen mit typisch deutscher Ernährungsweise bzw. einer Ernährung nach Vorgaben der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) wonach 50-55 % der Kalorien als KH gegessen werden sollten.  Für Inaktive nicht machbar. Was passiert?  Durch den inaktiven Lebensstil (Büroarbeit plus Couchpotato) bleiben die Muskelglykogenspeicher dauerhaft gefüllt. Die zusätzlich mit der Nahrung zugeführten KH finden dort keinen Platz mehr und müssen zurück in die Leber. Die Leber, die ja auch keinen Platz mehr dafür hat, kann diese jetzt die KH in Fett und Cholesterin umwandeln. Die Blutfettwerte/Cholesterinwerte verschlechtern sich und das überschüssige Fett wird langfristig in der Leber eingelagert. Eine nichtalkoholische Fettleber entsteht. Das ist der Beginn einer gravierenden Stoffwechselentgleisung mit Insulinresistenz, Diabetes mellitus Typ2…..bis hin zum Schlaganfall. Also wer KH essen will, mehr als die 150 g fürs Gehirn, der muss sich bewegen. Krafttraining als Ganzkörpertraining wäre hier die Lösung. Selbst bei beginnendem Diabetes, wenn der Muskel schon nicht mehr ausreichend auf Insulin reagiert, kann man mit Kraftsport den Muskel dazu bringen Glukose aufzunehmen und zu verbrauchen und damit den Blutzuckerspiel senken.

In den USA gibt  “The US Institute of Medicine” eine  “ recommended daily allowance” für KH heraus: Menschen mit sitzendem Lebensstil sollten 130 g pro Tag essen (plus Zugabe für intensive Aktivitäten)

Institute of Medicine. Dietary carbohydrates, sugars and starches. In: Dietary Reference Intakes for Energy, Carbohydrates, Fiber, Fat, Fatty Acids, Cholesterol, Protein, and Amino Acids. Washington, DC: National Academies Press; 2005:265–338

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Kohlenhydrate im Sport

Die Verbrennung von Fetten liefert zwar pro langem Molekül Fettsäure jede Menge Energie (ATP), aber der Abbau der Fettsäuren ist sehr sehr langsam. Benötigt der Körper bei intensiven Belastungen schneller eine große Menge Energie müssen zusätzlich Kohlenhydrate verbrannt werden. Der Körper versucht zuerst mit Sauerstoff (wie auch bei den Fetten) die Glukose vollständig abzubauen (aerobe Glykolyse) weil auch das einiges mehr an Energie liefert als der schnellste kürzeste Weg bei dem er die Glukose einfach nur in 2 Stücke zerbricht (anaerobe Glykolyse). Dafür ist er jetzt nicht mehr auf die Atemkapazität der Lunge angewiesen (grob unwissenschaftlich). Jetzt schnellt der Glukoseverbrauch in die Höhe und Laktat (Milchsäure) reichert sich an, das noch Energie enthält und später oder in einem nicht arbeitenden Muskel noch weiter zur Energiebildung genutzt werden kann.

Die Glukose für solche intensiven Belastungen kommt aus den Glykogenspeichern der jeweils arbeitenden Muskulatur. Sind diese erschöpft, wird es schwierig eine hohe Intensität weiter aufrecht zu halten. Also zum Beispiel im bisherigen hohen Tempo weiter zu laufen oder mit der gleichen Stärke zu kämpfen. Zwingt man den Muskel die Intensität aufrecht zu erhalten, beginnt er Protein abzubauen und die darin enthaltenen BCAAs direkt in der Muskelzelle zu Energie zu verbrennen.

Ein Sprinter (sehr hohe Intensität) kann z.B. durch 10x 30 sec  Sprints mit nur kurzer Pause dazwischen seine Glykogenspeicher in den Beinen ziemlich entleeren, während ein Ausdauersportler mit niedriger Intensität (extensive Belastung) nach Stunden noch Glykogen für einen Endspurt haben kann.

Daher variiert die Empfehlung für die Kohlenhydratzufuhr im Sport in Abhängigkeit vom täglichen Trainingsregime. Die meisten Sportler kommen nicht auf die empfohlenen Kohlenhydratzufuhrmengen von 8-12 g KH pro kg Körpergewicht um die Glykogenspeicher wieder vollständig zu füllen. Das liegt oft an den Trainingsabfolgen, dem „Restleben“ mit Beruf und Familie oder dem Unverständnis der Grundlagen der Sporternährung.

ACHTUNG: Der Kohlenhydratbedarf im Bodybuilding wird insbesondere von den schwereren Jungs oft gnadenlos überschätzt. Besonders, wenn ein Split-Training durchgeführt wird, kann nach einem Schulter-Trizeps-Tag sicher nicht von einem Auffüllbedarf von 1200 g KH bei einem 100 kg Mann ausgegangen werden. Das bleibt Ganzkörperausdauerathleten wie Triathleten vorbehalten.

Was haben ein Ausdauersportler mit Durchfall, ein Ringer, der den 2. Kampf verliert und ein flacher Bodybuilder gemeinsam:  Auf´s falsche Zuckerpferd gesetzt

KOHLENHYDRATE IM SPORT

Beim motivierten Sportler haben wir eher das umgekehrte Problem. Die entleerten Glykogenspeicher müssen wieder gefüllt werden um bestmögliche Regeneration zu erreichen oder eine zeitnahe neue Anstrengung (Abfolge von Kämpfen in einem Kampfsportwettkampf, mehrere Disziplinen hintereinander im Strongman-Sport) schnellstmöglich zu gewährleisten. Im Ausdauersport geht es um einen kontinuierlichen Energie und Flüssigkeitsausgleich während der langandauernden Belastung, ohne dass der  Magen-Darm-Trakt zusätzlich gereizt wird. Wer hat es nicht schon einmal beobachtet: Durchfall und Erbrechen bei Athleten eines Stadtmarathons nach Einnahme dieser Gelpäckchen.

Wie kann man das als Sportler optimal umsetzen: Flüssige KH für während und nach der Belastung. Warum? Weil es schnell gehen soll. Im Ausdauer- und Spielsport oder im Strongman-Sport für eine fortwährende, gleichmäßige Versorgung, im Kampfsport nach der Waage für schnelles Wiederauffüllen des dehydrierten, energielosen Körpers, oder bei kurz hintereinander folgenden Belastungen/Kämpfen: Der Körper soll gleichzeitig mit Flüssigkeit und Energie versorgt werden. Doch das Kampf-und Fluchthormon Adrenalin ist hoch, feste Nahrung wird langsamer aus dem Magen entlassen aufgenommen, nur Flüssigkeiten können sich durch den Magen durch in den Dünndarm mogeln. Und zwar nur isotone Flüssigkeiten. Das sind solche, die eine ähnliche Konzentration gelöster Teilchen aufweisen wie das Blut. Zu den gelösten Teilchen einer Trinkflüssigkeit gehören Zucker/KH und Mineralien, im Blut kommen noch die großen Blutproteine und andere Teilchen dazu. Größe ist egal nur die Anzahl zählt. Magen-Darmverträglichkeit  ist zudem ein wichtiger Punkt. Und für viele Leistungssportler auch die schnelle Regeneration nach der Belastung

Zur Erinnerung:
1. Der Insulinspiegel steigt am schnellsten/steilsten je mehr KH in je kürzerer Zeit im Blut auftauchen (Regeneration, Füllen der Glykogenspeicher). Im Krafttraining über den Zeitraum bis zur nächsten Trainingseinheit.
2. Die Geschwindigkeit mit der Kohlenhydratquellen im Blut auftauchen, hängt von 2 Faktoren ab: a) wie schnell kommen sie durch den Magen. b) wie schnell können sie im Dünndarm gespalten werden. Denn nur zu Einzelzuckern aufgespaltene Kohlenhydrate werden im Dünndarm aufgenommen und ins Blut abgegeben. Der Transport ist sooooo rapide schnell, der ist nicht geschwindigkeitslimitierend.

Daraus könnte man folgern: Tja nehm ich doch gleich Einzelzucker wie Glukose, dann bin ich am schnellsten beim Anstieg des Blutzuckerspiegels! Aber leider macht da der Magen nicht mit. Der Magen lässt keine hypertonen (stark überkonzentrierten) Zuckerlösungen hindurch in den Dünndarm. Pech gehabt. Die bleiben im Magen liegen und müssen dort mühsam mit Wasser verdünnt werden bis sie isoton sind (dieses Wissen ist besonders von Bedeutung bei Sportgetränken/Gels im Ausdauersport). Also nix da mit schnellem Blutzuckeranstieg! Jetzt passiert das Gegenteil, der Magen zieht sogar noch Wasser aus dem Blutkreislauf für die Verdünnung des Getränkes.  Also weder Energie noch Flüssigkeit können geliefert werden. Sollten beim Rennen doch versehentlich hypertone Flüssigkeiten in den Dünndarm geschwappt werden, kommt es zu Bauchkrämpfen und Durchfällen, das Rennen ist beendet oder zumindest stark beeinträchtigt. Also wenn Gelpäckchen, dann genau auf die Verdünnung achten, nicht pur in den Mund quetschen. Generell würde ich von diesen eher Abstand nehmen, wenn Maltodextrin oder noch kleinere Zucker enthalten sind, sondern auf hochmolekulare Maisstärke zurückgreifen.

Die hochmolekulare Maisstärke ist  ein stark verzweigtes riesig großes Kohlenhydratmolekül. Die wird noch in großer Menge als isoton durch den Magen gelassen, wie ein Trojanisches Pferd und aufgrund ihres hohen Verzweigungsgrades im Dünndarm in Millisekunden aufgespalten und ins Blut transportiert. Jetzt hat man wirklich einen deutlichen Blutzuckeranstieg in kurzer Zeit und optimal eingeleitete Regeneration. Wenn man mehr als 20 g im halben Liter Flüssigkeit zügig durchbringen will, gibt es nichts Besseres. Hier ist entgegen dem üblichen Sprachgebrauch ein „komplexes“ großes, verzweigtes KH im Vorteil.( „Komplex“ dürfte man eigentlich nur sagen, wenn man meint in Verbindung mit Ballaststoffen).

Abb 2 Wirkung der hochmolekularen Maisstärke

Isotone Lösungen (Getränke) die in den Magen gelangen gehen sofort durch in den Dünndarm und liefern schnell Energie und Flüssigkeit. Das Ziel eines jeden Sportgetränkes. Isoton bedeutet, dass in dem Getränk die gleiche Teilchenkonzentration herrscht wie im Blut. Ist das Getränk stark überkonzentriert, weil man versucht sehr viel Energieträger schnell durch zu bekommen (Gelpäckchen nicht korrekt angewandt) dann geht garnichts durch und das Wasser strömt zum Verdünnen auch noch vom Blut in den Magen. (wenn man Erdbeeren mit Zucker bestreut, läuft der Saft auch aus den Erdbeeren nach draußen, weil die Zuckerkonzentration außen höher ist als in der Erdbeere). Der Trick der hochmolekularen Maisstärke, sie hat alle Zuckermoleküle chemisch verknüpft und zählt so als 1 großes Teilchen, kann sofort durch. Im Dünndarm wird sie blitzartig an vielen Stellen gespalten und Glukose ins Blut freigesetzt, die auch noch Wasser und Natrium mit hinterherreißt. Mission erfüllt.

Brain Tipp:  1L Wasser plus 120 bis max. 150 g hochmolekulare Maisstärke plus 1-2 g Salz sind das optimale Sportlergetränk für die schnelle Versorgung mit Flüssigkeit, maximaler Energie ohne Risiko für Magen-Darm-Probleme.

KH für die Gesundheit
Abschließend möchte ich euch noch ein KH aus der Gruppe der Ballaststoffe für die Gesundheit vorstellen. Das INULIN. Inulin kommt im Chicoree vor oder als Supplement bei Fitgiant. Das Inulin dient als Präbiotikum, Futter für die Darmflora. Die „gute Darmflora“ wird dabei ordentlich gefüttert und kann ihre Plätze gegenüber „schlechten“ Bakterien verteidigen.  (Wir wissen leider noch nicht genau wer und was alles zur „guten Darmflora“ gehört, aber man arbeitet dran). Diese Mikrobiota oder deren Genmaterial das Mikrobiom sind für eine unglaublich Einflussnahme auf unseren Stoffwechsel bekannt. Die „Guten“ können Entzündungsreaktionen im Darm und im ganzen Körper reduzieren, das Immunsystem stärken, Körperfettabbau begünstigen, Muskelaufbau durch bessere Insulinempfindlichkeit begünstigen, das Osteoporoserisiko senken, die Blutfette beeinflussen und sogar bis ins Gehirn auf Hunger/Sättigung und Stimmung wirken.

 

Literatur:

Nutr Rev. 2018 Apr; 76(4): 243–259.

Fundamentals of glycogen metabolism for coaches and athletes

Bob Murray and Christine Rosenbloom