BCAA, EAA, EAV unverzichtbar, Unsinn, Unterschied? Teil 1

BCAA, EAA, EAV unverzichtbar, Unsinn, Unterschied? Teil 1

Text & Bilder von Dr. Martina Ollesch

Ob die Musikband EAV unverzichtbar ist, das zu beurteilen steht mir nicht zu. Bei BCAA und EAA halte ich mich an die wissenschaftliche Bewertung.
Wovon reden wir?

BCAA  Branched Chain Amino Acids (verzweigtkettige Aminosäuren) haben ihren Namen von ihrer chemischen Struktur.

Es sind 3 Stück: Isoleucin, Leucin Valin.

Abb1.  Aminosäurestruktur für Nicht-Chemiker.  An dem „R“ unterscheiden sich alle Aminosäuren, die wir haben. Das ist ihr besonderes Unterscheidungsmerkmal.  Bei den BCAAs ist dieser „Rest“ eine chemisch Struktur, die sich „verzweigt“.

 

Was sind EAA? Essentielle Aminosäuren. Das sind die 8 Aminosäuren, die vom erwachsenen, menschlichen Körper  NICHT selbst gebildet werden können. Im Gegensatz zu nicht-essentiellen, die vom Körper aus anderen Aminosäuren umgebaut werden können und semi-essentiellen, deren körpereigene Synthese nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. bei Stress die Synthese von Glutamin) nicht ausreicht.

Welches sind die 8 essentiellen Aminosäuren (wir sehen sofort, dass die BCAAs gleichzeitig zu den essentiellen Aminosäuren gehören):

Isoleucin

Leucin

Valin

Lysin

Methionin

Phenylalanin

Threonin

Trypthophan

Zur Erinnerung:  Die Proteine, die wir mit der Nahrung zuführen, werden in die einzelnen Aminosäuren aufgespalten und in jeder Körperzelle (z. B. Leber, Muskel) anhand der Schreibvorlage der Erbsubstanz  DNA wieder zu langen Perlenketten hintereinander aufgefädelt. Die Perlenketten werden dann kompliziert gefaltet, wie beim Origami, damit sie die entsprechende Funktion im Körper erfüllen können (Muskelkontraktion,  Transportproteine, Enzyme usw.) Zur Proteinsynthese braucht man alle 20 proteinogenen (deshalb heißen die so) Aminosäuren, entweder zwangsweise aus der Nahrung oder aus dem körpereigenen Umbau.

 

Die Sonderfunktion der BCAAs

Wie alle proteinogenen Aminosäuren werden die 3 BCAAs in die Proteine des Körpers, also auch in die Muskelproteine eingebaut. Das macht sie also nicht zu etwas Besonderem. Aber was haben wir auch noch gelernt: „Eiweiß kann unter bestimmten Umständen auch verbrannt werden“, also als Energieträger herangezogen werden. Dabei unterscheiden wir zwei  Wege, den einen eher langfristigen, wenn Aminosäuren in der Leber (und der Niere) zu Glucose umgebaut werden um den Glucosebedarf des Gehirns zu decken oder den AKUTEN NOTFALL, wenn dem Muskel die Glukose ausgeht und ihr ihn zwingt eine hohe Intensität der Arbeit beizubehalten.  Jetzt haben wir keine Zeit zu warten bis in der Leber aus Aminosäuren Glucose gemacht wird und zum Muskel zurücktransportiert wird. Jetzt brauchen wir Brennstoff SOFORT UND HIER in der Muskelzelle. Und das können die BCAAs. Die werden aus dem Muskelprotein abgebaut und in der Muskelzelle noch zu Energie verbrannt.

Abb. 2  BCAA-Verbrennung im Muskel
Die BCAAs werden aus dem Muskelprotein freigesetzt (Proteinabbau) und direkt in der Muskelzelle verbrannt. Die Energie wird zur Muskelbewegung genutzt.  Der „Abfall“  die NH-(Amino)-Gruppe wird als Alanin oder als Glutamin zur Leber gebracht, die dann Glucose daraus herstellt.  (Irrglauben: man muss Glutamin supplementieren um die „Aminosäureentgiftung“ zu ermöglichen. Falsch, das Ding heißt Glutamin wenn es schon mit dem Abfall beladen ist, man supplementiert also ein bereits vollgeladenes Müllauto.  Aber das ist eine andere Geschichte. Siehe kommenden Artikel „Glutamin“)

Wann passiert diese „BCAA-Verbrennung“ in der Muskulatur? Wenn bei intensiver Belastung die Kohlenhydratspeicher aufgebraucht sind und die Belastung aufrecht erhalten werden muss. Wollte man Fett als Energieträger heranziehen, müsste man die Intensität stark, sehr stark drosseln.

So kam man auf die Idee, wenn in dem Zustand des KH-Mangels bei hoher Intensität Muskelprotein abgebaut wird um BCAAs daraus zu verbrennen, dann supplementiert man doch am besten BCAAs vor dem Training um diese von außen zuzuführen, statt den Muskel zu zerfleddern. Ja ok, kann man machen.  Was wäre aber der viel bessere Muskelschutz?  Man führt ausreichend Kohlenhydrate zu, damit dieser Zustand erst gar nicht eintritt!  Und der Umkehrschluss: Wenn ich ohnehin genügend KH zuführe, muss ich meinen Muskel nicht im BCAAs schützen. Aber natürlich im Zuge der gerade sehr modernen low carb (was immer gemeint ist) Ernährungsformen, wenn es nicht anders geht, dann kann man vor dem Training BCAAs einsetzen.

Eine weitere Funktion der BCAAs und da eigentlich nur des Leucins

ist die Stimulierung eines Signalweges in der Zelle, den man sehr genau kennt, den ich euch aber jetzt erspare und nur nenne, weil es alle tun: mTOR, der für die Reparatur/Regeneration zuständig ist. Daher macht es Sinn Leucin (BCAA) nach dem Training zuzuführen. Wenn man jedoch sein Wheyprotein vor und nach dem Training fest in den Ernährungsplan integriert hat, ist man mit der Leucin-Menge schon auf der sicheren Seite.  Bei anderen Postworkout-Versorgungsmaßnahmen kann es durchaus Sinn machen entweder diese zu überdenken oder BCAAs zu supplementieren.

FAKT ist: Man braucht Leucin nach dem Training! Entweder aus der BCAA-Supplementierung oder aus EAA-Supplementierung oder aus ausreichender Wheyproteinzufuhr!

Tipp vom Brain: zur optimalen Postworkoutversorgung und Vorbereitung auf die nächste Trainingseinheit habe ich für meine Athleten den Cellgiant selbst zusammengestellt.

 

Zusammengefasst:

  • BCAAs, supplementiert, schützen den Muskel bei Belastung, aber Kohlenhydrate würden das wesentlich besser tun (wenn die Ernährungsform das erlaubt).
  • BCAAs, genauer gesagt Leucin, fördert die Reparatur/Regeneration nach dem Training, wären aber bei ausreichender Wheyproteinzufuhr dort enthalten.
  • BCAAs ersetzen keine EAA (weil es nur 3 der 8 sind) oder „vollständiges“ Protein mit allen 20 AA.
  • BCAA zu anderen Zeitpunkten als (vielleicht) vor und nach dem Training supplementiert, sind sinnfrei, weil sie den Insulinspiegel erhöhen, aber keinen Ersatz für KH und oder EAA/Protein darstellen.
  • BCAAs vor dem Nüchterncardio machen den Begriff „nüchtern“ hinfällig und verhindern aufgrund der Insulinausschüttung die Anpassungseffekte des Nüchtern-Cardios (Über die Sinnhaftigkeit des Nüchtern-Cardios können wir auch noch mal sprechen)

 

Dann kommen wir zu den EAAs,

die beschreibe ich in der nächsten Ausgabe