Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain: Blähbauch

Text & Zeichnungen von Dr. Martina Ollesch

Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain

Thema: Blähbauch

Frage: „Ich habe ständig einen dicken, aufgeblähten Bauch sobald ich etwas esse. Dabei ernähre ich mich gesund: Ich meide Zucker, ersetze Weißmehl durch Dinkelmehl und esse viel Gemüse, Obst und Vollkorn.“

Frau Doktor rät: Gesunde Ernährung im Fitness-Lifestyle muss nicht immer das Optimum für den Darm sein. Ich beschreibe hier mal einige Ursachen, die trotz oder gerade wegen dieses Ernährungsstils zu Problemen führen können.

Ballaststoffe

„Iss mehr Ballaststoffe“, so die Ernährungsempfehlung an Normalos. Das stimmt auch sicher. Doch damit ist nicht gemeint, dass die Bikiniprinzessin ihre 200 kcal Mahlzeiten mit 1 kg Gurken, Tomaten, Blattsalat u.ä. streckt.  Oder gar noch mit „0 –Kalorien-Nudeln“ von denen man unendlich essen kann (pure Ballaststoffe – praktisch Gras). Oder die Mahlzeit mit pflanzlichen Bindemitteln auf das fünffache Volumen bringt: Chiasamen, Guarkenmehl, Johannesbrotbaummehl, Carrageen usw.

Was haben all diese  Ballaststoffe gemeinsam. Sie sind pflanzlichen Ursprungs und der Menschendarm hat keine Enzyme für deren Spaltung, daher sind sie für ihn unverdaulich. In der empfohlenen Menge (man soll 30-40 g pro Tag erreichen) haben sie viele gesundheitsfördernde Effekte, auf die hier nicht eingegangen werden kann. ABER zuviel des Guten kann schädlich sein.  Diese „Ballaststoffe“ können, wie schon gesagt, vom Menschen nicht gespalten werden und gelangen so in den Dickdarm. Dort erwartet sie eine Batterie von Bakterienstämmen für die sie ein gefundenes Fressen sind. Je nach Zusammensetzung der Darmflora bilden die Stämme beim Verzehr der Ballaststoffe dann Gase.  Bei normalem Ballaststoffkonsum, an den man sich auch erst langsam gewöhnen muss, verflüchtigen sich diese Gase, mehr oder weniger unbemerkt vom Körper und von den Mitmenschen. ALLERDINGS: bei zu hoher Gasbildung stauen die sich in den Darmschlingen an und daaaaaaaaaaaaaannn geht’s explosionsartig im Dauerfeuer hinten raus oder es bleibt verschämt im Bauch als Ballongas zurück.

Ein weiteres Problem kann sich ganz banal mechanischer Art ergeben. Fördert die empfohlene Menge an Ballaststoffen die „Peristaltik“ also die schlangenartige, wellenförmige Muskelkontraktion des Darms, durch die der Darminhalt nach hinten zum Ausgang gequetscht wird, so passiert bei zu hoher Zufuhr das Gegenteil. Die Muskulatur des Darms ist zu schwach um den zusammengepressten unverdauten Grasbatzen weiterzupressen und gibt einfach auf, bis die Bakterien da schonmal was weggearbeitet haben. Unwissenschaftliche Darstellung: Biogasanlage.

 

FODMAPS

Auch wenn man nicht im Übermaß Ballaststoffe isst, kann die Auswahl der Gemüse und Obstsorten ausschlaggebend sein, ob der Bauch sich aufbläht oder nicht. Brokkoli geht, während Blumenkohl nicht vertragen wird. Die Farbe der Paprika spielt eine Rolle, kann der Darm Farben sehen? Manche Melonensorten verträgt man problemlos während andere Explosionsgefahr hervorrufen. 1 Apfel ist kein Problem beim 2. ist alles zu spät…..

Auch hier spielen die Darmbakterien wieder eine entscheidende Rolle und es geht wieder um Nahrungsbestandteile, die bevorzugt von den einzelnen Bakterienstämmen verstoffwechselt werden und in Gasbildung resultieren. Jetzt geht es nicht um die langkettigen Ballaststoffe sondern um kurze Kohlenhydratstrukturen und verwandte Stoffe, die sogenannten FODMAPs

Fermentierbare (von Mikroorganismen umgesetzte)

Oligosaccharide (kurze Kohlenhydratketten)

Disaccharide (Zweierzucker)

Monosaccharide (Einerzucker)

And  (und)

Polyole (Zuckeralkohole )   ACHTUNG! Low Carb Riegel, zuckerfreie Kaugummis und solche Sachen

 

Hier kommt zu der oben beschrieben Gasbildung auch noch der Wassereinstrom in den Darm, der von den nicht aufgenommenen Zuckerstrukturen ausgelöst wird. Das trägt nicht unwesentlich zum Hervortreten des Bauchs in Kugelform bei.

Vorsicht auch, wenn man glaubt es sei sinnvoll zwanghaft „Zucker“ zu meiden und dafür ständig Low Carb Produkte mit Zuckeralkoholen (Sorbitol ,Erythrit/-ol, Isomalt, Laktit, Mannit/-ol und Xylit) zu verzehren oder zuckerfreie Kaugummis zu kauen. Das sind ebenso FODMAPs! Manchmal reicht es schon, diese Produkte aus der täglichen Ernährung zu entfernen und wie von Zauberhand ist der Bauch plötzlich flach.  (Wie kann man so etwas z.B. an einem Wettkampf zulassen?!)

Abb: Durch Low Carb Riegel oder Kaugummis kommen Zuckeralkohole (Zuckerersatz) in den Darm. Sie können in Dünndarm nicht vollständig aufgenommen werden und ziehen dadurch Wasser in den Darm, er füllt sich mit Wasser an. Im Dickdarm werden die Zuckeralkohle dann von den Bakterien gefressen, die als Stoffwechselprodukte Gase bilden. Zur Wassereinlagerung kommt jetzt noch die Gasbildung. Der Bauch wölbt sich zu einer Kugel nach außen. Obwohl man doch nur so eine Miniportion wie einen Riegel gegessen hat. Wer einen flachen Bauch haben will, isst einen Proteinriegel ohne Zuckeralkohole und rechnet die Makros mit ein. Zuckeralkohole sind ja schließlich auch nicht kalorienFREI

Im Internet gibt es Tabellen, wo man nachschlagen kann, welche Lebensmittel wenig FODMAPs enthalten und welche viele.

https://www.fodmap-info.de/wp-content/uploads/2017/01/FODMAP-Tabelle-Blog.jpg

Low-FODMAP-Diät gegen das Reizdarmsyndrom

Ich empfehle probehalber für 2 Wochen mal nur aus der „grünen Seite“ der Tabelle zu essen. Wenn das noch nicht genug ist, dann kommt vielleicht noch

Gluten

in Frage. Das Klebereiweiß aus heimischen Getreidesorten. Und da hilft es nicht Dinkelmehl zu benutzen. Bis zu 50 g Haferflocken werden meist noch vertragen.

Allerdings muss man ganz klar darauf hinweisen, dass man eine echte Glutenunverträglichkeit beim Arzt nachweisen lassen kann und dass viele Menschen, die auf Gluten verzichten, überhaupt nicht auf Gluten reagieren.  Trotzdem hat bei Blähbauch und auch bei Gewichtsreduktionswunsch der Verzicht auf glutenhaltige Produkte oft geholfen und sei es nur, weil man kaum noch die üblichen „Sättigungsbeilagen“ (haha schlechter kann man einen Begriff wohl nicht wählen) zurückgreifen kann.

Und letztlich gibt es auch Menschen, die auf Milchprodukte (mal unabhängig von der Laktose) Darmprobleme entwickeln. Ich (persönlich) als Milchfan versuche diese Option bis zuletzt hinzuhalten, doch auch das muss man in Betracht ziehen, dass z.B. Casomorphine (bioaktive Peptide) aus der Milch die Darmbewegung verlangsamen (naja dann auch gut sättigen) oder aber schlichtweg das Casein eine Entzündungsreaktion im Darm hervorrufen kann. Besonders häuft tritt das gemeinschaftlich  mit einer „echten“ Glutenintoleranz auf.

 

Mein Tipp wäre zuerst mal die Ballaststoffmenge (bei den Hungernden) überprüfen und sonst zeitweise nach FODMAPs essen. Und was natürlich für alle gilt, den Darm pfleglich behandeln und ihm täglich was Gutes tun:

Fischöl (EPA/DHA)

Glutaminpeptid

Inulin

Probiotische Bakterien

Ingwer, Curcuma, Lecithin,

Vitamin D