Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain: Intermittent Fasting – Wer kann das machen?

Text von Dr. Martina Ollesch

Fragen Sie Frau Dr. – Talk to the Brain

Thema: Intermittent Fasting- Wer kann das machen?

 

Also, wer es mit Low-Carb oder Low-Fat nicht geschafft hat, für den soll sich jetzt eine neue Lösung auftun: Intermittent Fasting IF. Man isst einfach genauso weiter wie immer und nur durch zwischenzeitlich wiederkehrende längere Essenspausen (Fasten) wird man nicht nur fettfrei sondern auch noch gesund. Und wenn nicht, erlangt man vielleicht wenigstens Erleuchtung oder Vergebung. Ist das wirklich so? Was lässt sich halten von all den Versprechungen und für wen kommt IF vielleicht in Frage.

Zur alleinigen Frage der Gewichtsreduktion dürfte die Antwort klar sein. Jede proteinreiche Diät, die Krafttraining  beinhaltet kommt in Frage, wenn das Defizit langfristig durchgehalten werden kann. Und wer welche Diät am besten durchhält ist eben von Person zu Person unterschiedlich. Individuelle Lösungen statt Standardkost.

Handeln wir zuerst die Normalos ab und widmen uns anschließend den Sportlern und Trackern. Hier findet sich wahrscheinlich die am ehesten profitierende Zielgruppe. Jemand, der es nicht schafft, seine Essgewohnheiten zu verändern, der kann z. B. mit der 5:2 Strategie an 5 Tagen der Woche genauso weiter leben wie bisher und an 2 nicht aufeinanderfolgenden Tagen seiner Wahl verzichtet er sozusagen völlig auf Essen (25% der Bedarfskalorien in Form von Brühe sind erlaubt). Das fällt oft leichter als dauerhaft seine Ernährungsgewohnheiten bzw. Lebensmittelauswahl zu verändern. Trotzdem werden durch die zwei Fastentage der Stoffwechsel entlastet (Blutzucker/Insulin, Blutfettwerte, Darm, Darmimmunsystem usw.) und Kalorien eingespart. Das ist sicher besser als garnichts tun. Allerdings gebe ich zu bedenken, wenn jemand sich ausschließlich von Fast Food, Süßgetränken und Fertiggerichten ernährt, dann wird die eigentliche Ernährung nicht besser, dadurch dass man sie auf ein gewisses Zeitfenster einschränkt!

Neben dem tageweisen Fasten gibt es auch verschiedenste stundenweise Zeitfenster der Nahrungskarenz (des Hungerns). Wie lange man mindestens fasten muss, bis sich erste gesundheitspositive Veränderungen einstellen, ist noch nicht geklärt. Unter 16 Std braucht man aber wohl gar nicht hoffen, sinnvoller wären 18 Std. Also schauen wir uns die 18:6 Verteilung beim Normalo an: Die Hoffnung für die Gewichtsreduktion besteht darin, dass einfach Kalorien eingespart werden, also z.B. wenn man ohne Frühstück zur Arbeit geht und erst um 2.00 Uhr anfängt zu essen bis um 20.00 Uhr abends und dann ohne Fernsehnascherei ins Bett geht. Bei den Versuchungen der Bürozwischendurchleckerchens wäre man dann auch außen vor, nachdem man allen Arbeitskollegen lautstark von seiner neuen Fastenmethode erzählt hat. Damit lassen sich ganz besonders bei Normalofrauen unverhofft viele Kalorien einsparen. Doch auch manche Männer erwischt man damit richtig. Und es sollen sich durch das Fasten zusätzlich ja noch gesundheitliche Parameter verändern. Auf die kommen wir am Ende.

Doch wie sieht es jetzt bei unserer Sportler/Athleten/Tracker Gemeinde aus:

Wir setzen folgendes voraus: Proteinreiche, mikronährstoffbedarfsgerechte Ernährung, zielführendes Training!

Gewichtsverlust
Hier ist es dann auf einmal nicht mehr so einfach mit dem Gewichtsverlust „nur“ durch IF. Jemand dessen Kalorienzufuhr und Makronährstoffverteilung durch eine Ernährungsplan vorgegeben (und eingehalten!) wird. Wenn eine Bikiniathletin mit 1500 kcal ihr Leben fristet, dann wird sie kaum noch dadurch abnehmen, dass sie diese 1500 kcal nur noch während 14.00-20.00 zuführt. Hier kann man den Sinn noch darin suchen, dass es eine psychische Entlastung ist, wenn man ab 14.00 dann wenigstens etwas größere Mahlzeiten mit eventueller Sättigung bekommt. Bei Frauen, die sich in einem sehr niedrigen Kalorienbereich befinden, in dem natürlich das Risiko der Zyklusstörungen besteht, kann mit dem Versuch des 5:2 Schemas vielleicht erreicht werden, dass die Kalorienzahl an 5 Tage oberhalb der kritischen Schwelle bleibt. Einen Versuch ist es wert. Das wirft aber gleich die Frage nach dem Muskelabbau in der Fastenphase auf. Und hier kommen wir an den kritischen Punkt im Bereich Fitness oder gar Bodybuilding. Das Ausmaß des Proteinabbaus ist nicht abschließend geklärt. Wenn man aber davon ausgeht, dass die Muskelproteinsynthese optimalerweise alle 3 bis 4 Stunden aktiviert werden sollte, wäre ich vorsichtig bei Personen, die möglichst wenig Muskulatur in der Diät verlieren dürfen. Das gilt nicht nur für Bodybuilder sondern für Sportler, bei denen Muskulatur zur Performance beiträgt und das dürften wohl alle Sportarten sein. Dafür braucht man die regelmäßige Zufuhr von Protein (mindestens 30 g Wheyproteinoder 10 g EAAessentielle Aminosäuren) alle 3-4 Stunden. Gerne natürlich auch in Form einer „richtigen Mahlzeit“. Das alles wäre per Definition dann aber kein Fasten. Hier würden Fastenstrategien wahrscheinlich weniger Sinn machen. Ganz besonders, wenn Trainingseinheiten in die Fastenperioden fallen. Eine der Sportart angepasste Ernährungsweise sollte zielführend sein.

Die heute mit IF beschriebenen Formen sind ja eigentlich „zeitlich limitiertes Essen“. Intervallfasten kann man natürlich auch anders verstehen, nämlich als Kombination aus Diet, Dietbreak und Refeedphasen. Das ist eine  sehr sinnvolle Strategie, auf die hier nicht eingegangen wird.

Gesundheitliche Parameter

Tatsächlich geht es nicht immer nur um Körperfettverlust, manchmal geht es auch um Dinge wie Entzündungsreaktionen, Blutfettwerte, Insulinempfindlichkeit oder andere gesundheitliche Parametern. Und da weiß man, dass Fasten sich auf jedenfall positiv auswirkt. Die Frage ist aber, was die Minimaldauer von „Fasten“ ist, bis diese positiven Effekte einsetzen und ob da 16 Std (bei 16:8) schon ausreichen um etwas zu bewirken.

Also wenn es nur darum geht, den Insulinspiegel mal abzusenken, das kann man auch mit anderen Diätformen schaffen- eigentlich fast immer, wenn man weniger Kalorien isst als man verbraucht. Und genauso verhält es sich mit dem Wachstumshormonspiegel, der steigt immer an, wenn der Blutzucker abfällt (immer im Hunger). Dazu braucht es kein IF.

Etwas anders sieht es aus mit dem Darm und seinen Bewohnern. Da steht es außer Frage, dass die von Zeiten ohne Nahrungszufuhr profitieren. Besonders das Darmimmunsystem wird entlastet. Aber auch hier die Frage: Wie lange muss man auf Nahrung verzichten, bis das greift? Erfahrung hat man da eher mit langfristigen Fastenperioden. Doch es gibt auch unsere innere Uhr (circardiane Rhytmik) und die lässt darauf schließen, dass der Körper wahrscheinlich an stundenweise Phasen ohne Nahrung gewöhnt ist. Also dass der Mensch zumindest „from dusk till dawn“ normalerweise nicht gegessen hat und dass er an diese Ernährungsweise gewöhnt ist. In dieser Phase soll sich die Darmflora verändern und auch in den Zellen des Körpers Müllentsorgung stattfinden. Für die Entdeckung dieses Müllentsorgungsprozesses, der Autophagie – Selbstauffressen – heißt, gab es 2016 einen Nobelpreis. Aber all das ist im Moment noch Spekulation.

Zusammenfassend zu IF: Kann man machen, ist aber auch keine Wunderlösung. Wer Wert auf viel Muskulatur und gute Performance legt, eher nicht. Ob die tollen gesundheitlichen Effekte wirklich beim Menschen eintreten, muss erst noch erforscht werden.